„Mocktails“ titelt es auf immer mehr Getränkekarten, in Foren und Rezeptbüchern und soll für „Alkoholfreie Cocktails“ stehen. Mein Problem mit Mocktails ist vielschichtiger als die meisten Virgin Piña Colada. Ich finde das Wort „Mocktail“ und diese „Virgin” Wortzusätze sehr ungünstig gewählt, aber auch, was in den Drinks drin ist. Und ehrlich gesagt auch, dass sie immer irgendwo als Einzelposition ganz unten auf einer Getränkekarte stehen.

Problem 1: Mein Problem mit dem Wort „Mocktail“

Mocktail hat sich so ein bisschen etabliert, aber man muss die englische Sprache nicht studiert haben, um das Wort „Mocking“ darin zu lesen. Mocking bedeutet so viel wie „hänseln“ oder „aufziehen“. Das Wort „Mock“ heißt aber auch so viel wie „vorgeben zu sein“. Mocktail heißt also entweder „Hahahhaha, wie lustig, dass Du alkoholfrei trinkst, Du Lappen!“ oder „Ein Wannabe-Cocktail, denn für das Original hat es nicht gereicht.“ –– Ist jetzt etwas überspitzt, but you get the idea. Und darum finde ich die Wortkreation, sagen wir mal freundlich, nicht optimal.

Warum kann man nicht einfach alkoholfreier Cocktail sagen?

Definition: Ein Cocktail [ˈkɔkteɪlenglisch ˈkɒkteɪl] ist ein alkoholisches Mischgetränk. Typischerweise bestehen Cocktails aus zwei oder mehr Zutaten, darunter mindestens einer Spirituose. Quelle: Wikipedia

Man kann also argumentieren, dass ein Cocktail per Definition Alkohol enthalten muss und darum „alkoholfreier Cocktail“ zu viele Gegensätze auf einmal sind. Aber ernsthaft?

Problem 2: Was möglich wäre vs. was die meisten Gastronomien anbieten

Es ist 2023 und an vielen Stellen der Welt hat man hat festgestellt, dass der Markt für alkoholfreie Drinks wächst und die Meute durchaus gewillt ist, Geld auszugeben, wenn sie mehr als Wasser oder Softdrinks bekommt.

Von alkoholfreien Gin Tonics über Margaritas ohne Alkohol zu Espresso Martini Varianten ohne Umdrehungen ist alles da. Alkoholfreien Tequila gibt es, Aperolverschnitte mit 0% und so weiter.

Die gängigen Brands mit einer Vielzahl von alkoholfreien Alternativen sind LYRE’S aus Australien, REBELS 0,0 % aus der Schweiz und Ritual Zero Proof aus den USA. Es gibt aber auch viele Einzelmarken, aber die aufgelisteten sind wohl die Gängigsten. Hinzukommen alkoholfreie Alternative von Brands, die wir aus dem Spirituosensektor kennen, wie z. B. Martini oder Gordon’s, die auch alkoholfreie Produkte anbieten.

Darum ist es mir ein Rätsel, dass so wenig Bars sich die Mühe machen, eine alkoholfreie Gin-, Rum- oder Tequilaalternative an den Start zu bringen. Es müssen ja nicht 20 Flaschen sein, aber eine wäre doch ok.

Mocktails haben häufig nichts mit Cocktails, Schirmchen oder Ähnlichem zu tun

Häufig ist ein Mocktail eine Mischung aus verschiedenen Säften – und Hoffnung, ganz viel Hoffnung, habe ich manchmal den Eindruck.

“Beweismaterial 1”

Wenn man schon behauptet, eine alkoholfreie Alternative zum Original anzubieten, dann erwarte ich dort mehr als Saftkreationen. Nichts gegen Saftkreationen: Gerade die Sterneküche hat festgestellt, dass man hier alkoholfrei atemberaubende Kreationen kreieren kann, die nichts mit Hohes C oder so zu tun haben.

Aber das, was ich auf vielen Getränkekarten unter „Mocktails“ sehe, gibt mehr das Gefühl von „Hauptsache, wir haben irgendwas angeboten“. Besonders in Paris, wo ich mehr alkoholfreie Alternativen im Einzelhandel gefunden habe als in Berlin, fällt das auf: In fast allen Bars und Restaurants werden „Mocktails“ angeboten – zu 99 % Saftmischungen – oder wie im Beweismaterial 1: Auch Café Frappé.

Problem 3: Es muss nicht immer alles Schwarz und Weiß – mit oder ohne Alkohol sein

Es gibt doch nicht nur Trinker/innen oder Nicht-Trinker/innen. Man kann auch heute Alkohol trinken und morgen alkoholfrei unterwegs sein. Oder einen Drink mit Alkohol am Abend haben wollen und danach wechseln wollen. On top kommen die low alcohol Drinks. Darum meine Frage: Können die nicht einfach alle auf einer Karte stehen und sich lieb haben?

Warum nicht einfach ein kleines Sternchen, Gläschen oder was auch immer als Markierung dran und schon wissen alle Bescheid? Alkoholfreies Bier steht doch auch direkt bei Bier. Ein paar Bars machen es schon so, zum Beispiel Frog (Kette in Paris) und die Collab Bar in Hamburg.

Auch in einem Sternerestaurant kann es passieren, dass nicht nur alkoholfreie und alkoholische Begleitungen angeboten werden, sondern der eine Gang mit, der andere Gang ohne Alkohol.

Vielleicht kommen wir ja irgendwann alle darauf, dass mit und ohne Alkohol nicht mehr so weit voneinander entfernt sein müssen. Und dass man nach Geschmack und nicht nach “mit Umdrehung” oder “ohne” auswählen sollen könnte.

I’ve got 99 problems but Mocktails really shouldn’t be one.

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Seit September 2022 hat sich der Blick ins Glas verändert und Felicitas trinkt sich nur noch alkoholfrei durch die Regale. Was schmeckt wie und warum? Was tut sich in der alkoholfreien Industrie und wie geht es weiter? Und wie sieht es in anderen Ländern aus? Felicitas versucht diese Fragen zu beantworten.

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